Ein kleiner Auszug aus meiner Abschlussarbeit zum Thema:
Standhaltungen für mehr Stabilität im Leben
"Wer fliegen lernen will,
muss zuerst mit beiden Beinen auf dem Boden stehen"
Friedrich Nietzsche
...aus Sicht der Yoga- und Asanatheorie...
...Standhaltungen sind der perfekte Einstieg für Menschen, die zum ersten Mal mit Yoga in Berührung kommen. Im Stehen sind wir komplett frei in unseren Bewegungen, jede Körperregion kann in Bewegung kommen. Standhaltungen schaffen die Grundlage für alle weitern Asana-Gruppen.
In den Standhaltungen ist unser gesamter Körper, von den Füßen bis zum Scheitel, in Aktion. Wir richten unsere Füße, Knöchel, Knie, Hüften, unser Becken, Brustbein, unsere Arme, Schultern, unseren Nacken und Kopf aus.
Die Füße sind unser Fundament. Ein klarer, stabiler, sowie aufrechter Stand ist die Basis, deshalb ist es auch so wichtig, barfuß zu üben. Nur so ist es möglich einen gleichmäßigen Kontakt zum Boden aufzubauen, Bewusstsein in den Füßen spüren und die Füße zu erden. Je fester der Kontakt zum Boden wird, desto mehr kommt der Körper in die Aufrichtung. Die Grundhaltung im Stehen ist Tadasana. In Tadasana lernen wir ganz bewusst zu stehen und unser Gewicht gleichmäßig auf den Füßen zu verteilen. Alle Zehen haben Kontakt zum Boden, Fußgewölbe sind angehoben, wir stehen ausgewogen auf der inneren und äußeren Ferse, wodurch die Knöchel in einer Linie stehen.
Grundsätzlich sollte in den Standhaltungen darauf geachtet werden, dass alle Verwurzelungspunkte gleichermaßen geerdet sind. Ein Gefühl von Balance können wir durch die richtige Gewichtsverteilung erfahren...
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...das Gleichgewicht zwischen Anheben und nach unten drücken, zwischen Arbeiten und Loslassen, sowie Bewegung und Stille zu finden ist die Kunst.
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"Wir wollen die Asanas mit Energie füllen, gleichzeitig aber entspannt und gelassen bleiben."
BKS Iyengar
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...aus Sicht der Anatomie...
...wir aktivieren in den Stehhaltungen den gesamten Körper, alle Körperbereiche werden angesprochen. Füße, Beine, Rücken, Arme und Schultern werden gestärkt und gekräftigt. In den Stehhaltungen kommt die Wirbelsäule in ihren sämtlichen Bewegungsrichtungen zum Einsatz. Die Gelenke und die Atmung werden gestärkt und gekräftigt. In den Standhaltungen kommt die Wirbelsäule in ihren sämtlichen Bewegungsrichtungen zum Einsatz. Die Gelenke und die Atmung werden gestärkt und das Herz-Kreislaufsystem aktiviert, sowie die Haltung korrigiert.
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Die Basis sind die Füße. Wir Erden uns über die Füße, durch die gleichmäßige Gewichtsverteilung schaffen wir einen stabilen Stand...
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...auch die Atmung spielt in der Asana-Praxis eine zentrale Rolle. Sie verbindet die Innen- mit der Außenwelt. Wir können sie direkt beeinflussen...der Atem muss beim Üben immer im Fluss sein, er darf nie ins Stocken geraten, damit die Engere fließen kann. Um alles noch besser aufeinander abzustimmen, können wir die Bewegungen in den Asanas auf unseren Atemrhythmus einstimmen...
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...die Sinnesorgane, Augen, Ohren, Nase und die Zunge haben Einfluss auf unser Nervensystem. Deshalb ist es wichtig, diese Organe in die Asana-Praxis einzubeziehen...
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Standhaltungen regen den Sympathikus an und wirken daher aktivierend auf das Herz-Kreislauf-System, daher kann über die Aktivität im Stehen sehr gut Stress abgebaut werden. Regenerierende Haltungen senken die Herz- und Atemfrequenz und beruhigen das Nervensystem...
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...aus Sicht der Yoga-Philosophie...
...der Baum symbolisiert für mich am besten den menschlichen Körper und Geist. Seine tiefsitzenden Wurzeln im Erdreich stehen für Erdung, tief verwurzelt mit dem "Sein". Die sprießenden, wiederkehrenden Knospen stellen die Weiterentwicklung und das Wachstum dar. Die ständige Bewegung im Leben, aber jedoch immer wiederkehrende Balance, wird durch die im Wind wehenden Äste symbolisiert.
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Stabilität im Leben bedeutet für mich, dass es Körper und Seele gut geht, mit der Innen- und Außenwelt in Frieden zu leben, sowie einen ruhigen und klaren Geist zu haben. Unsere Gefühle und Wahrnehmungen entsprechen oft nicht der Wirklichkeit, wir können unseren Geist jedoch durch Yoga zur Ruhe bringen. So steht es schon in den Yogasutras I,2: "yogas-citta-vrtti-nirodah" - Yoga ist ein Zustand, in dem die Bewegungen des Geistes, zur Ruhe kommen.
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...das Leben ist immer in Bewegung, es wird nie einen Stillstand geben. Jeder Tag stellt uns immer wieder vor neue Herausforderungen. Durch Yoga können wir uns ein Fundament erschaffen, welches uns immer wieder die Möglichkeit gibt, uns zu erden, mit uns in Verbindung zu kommen, zu wachsen und uns weiterzuentwickeln.
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"Wer Yoga mit Beständigkeit praktiziert,
wird den Anforderungen des Lebens mit Integrität und persönlicher Reife begegnen".
BKS Iyengar
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...Standhaltungen schaffen emotionale, aber auch körperliche Stabilität und damit eine feste Basis im Leben. Jedes Asana lehrt uns etwas fürs Leben...
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...aus Sicht der Psychologie...
...unsere Körperhaltung spiegelt unsere psychischen Befindlichkeiten, man könnte auch sagen:
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"Der Körper ist das Spiegelbild unserer Seele"
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Fühlen wir uns schlecht, egal ob körperlich oder geistig, lassen wir den Kopf und die Schultern hängen. Geht es uns gut, fühlen wir uns kraftvoll, wir stehen aufrecht und stabil. Körper und Geist lassen sich nicht voneinander trennen. Genau das lernen wir in den Stehhaltungen. Uns mit der Erde zu verwurzeln, stabil und aufrecht zu stehen, Präsent im Moment zu sein. Wir entwickeln eine körperliche und emotionale Stabilität.
Wir kultivieren ein inneres Gefühl von Halt, Stärke und Selbstvertrauen, damit wir die Aufgaben, welche uns das Leben schenkt, meistern können. Egal welchen psychischen Herausforderungen wir uns stellen müssen, Stress, Angst, Krankheit, Tod etc. durch Yoga können wir Ressourcen aufbauen, um schneller in Balance zu kommen.
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...Freiheit bedeutet, eine so große Stabilität in der Innenwelt aufzubauen, dass uns die Außenwelt nicht in Dysbalance bringen kann, frei von Wertung, frei von Missgunst, Neid und Streben nach mehr, sollten im Leben keine Rolle mehr spielen...
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Yoga lehrt uns achtsamer mit uns umzugehen. Das führt zu einer sensibleren Wahrnehmung unserer Bedürfnisse, Gefühle und Gedanken. Dies wiederum schafft Zufriedenheit und Ausgeglichenheit und Stress lässt sich besser abbauen...
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...der Atem spielt im Yoga eine zentrale Rolle. Er hilft ebenso wie die Standhaltungen, eine psychische Stabilität aufzubauen und den Gemütszustand zu steuern. Ein ruhiger, gleichmäßiger Atem, wie wir es in den Asanas üben, lässt den Geist ruhig werden und den Körper entspannen. Das achtsame und bewusste Atmen in Kombination mit den Stehhaltungen kann helfen, sich in schwierigen emotionalen Situationen zu erden...
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Im Yoga lernen wir präsent im Asana, im Moment zu sein und uns zu fokussieren. Gerade in der heutigen Zeit sind diese Verhaltens-weisen enorm wertvoll, da wir überaus vielen Reizen und Einflüssen von außen ausgesetzt sind. Auf Grund dessen, ist Stabilität und Klarheit besonders wichtig. Wenn wir mit uns verbunden sind, fällt es uns leichter ungewollte Einflüsse abzuwehren, zu filtern und zu differenzieren...
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...Yoga soll unser Leben bereichern, uns die Möglichkeit geben zu entspannen und ein Fundament von körperlicher sowie geistiger Stabilität aufzubauen...
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...wir streben nach Wachstum, Glück, Zufriedenheit, Mut, Stärke, Halt, Klarheit und Selbstvertrauen. Yoga kann uns eine große Hilfe sein, diese Werte in unserem Leben zu etablieren, Yoga ist ein Weg, der nie endet. Er kann zu persönlichem Wachstum führen, aber weder heute noch morgen, da Yoga ein Prozess ist. Nicht nur Gewohnheiten und Sichtweisen können verändert werden, sondern auch die Haltung dem Leben gegenüber. Gegenwärtig im Moment sein, im Hier und Jetzt leben, von Augenblick zu Augenblick. Weder in der Vergangenheit verweilen, noch in der Zukunft schwelgen, denn die Zukunft kann nur in der Gegenwart beeinflusst werden...
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"Wir müssen zwischen dem Gewahrsein des Körpers und dem des Geistes eine Ehe stiften.
Wenn beide Partner nicht kooperieren, zieht dies ein Unglücklichsein auf beiden Seiten nach sich."
BKS Iyengar
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